Mitten in Angeln, Deutschlands nordöstlichstem Zipfel in leicht hügeliger Grundmoränenlandschaft befindet sich das Pomarium Anglicum. Als Meinolf Hammerschmidt 1987 auf den Hof nach Winderatt zog, begann er, fasziniert von den alten Obstsorten in der Region, Sorten zu sammeln und zu vermehren, zunächst auf der ehemaligen Kuhweide.
1990 wurde er auf einen uralten Apfelbaum (1850 gepflanzt) im Nachbardorf aufmerksam gemacht, der sich als Angelner Herrenapfel herausstellte: Ein gelb-rotbackiger großer und duftender Sommerapfel, der in frühen Heften der Landesbauernkammer Schleswig Holsteins beschrieben und für den bäuerlichen Erwerbsobstbaui empfohlen wurde. Die Empfehlung blieb aber ohne Erfolg.
Die Leidenschaft für alte Obstsorten sprach sich rum, so dass viele Hinweise auf „neue“ alte regionale Sorten aus der Bevölkerung (hauptsächlich von den Landfrauen) kamen, auch mit dem Wunsch des Erhaltes bzw. junge Bäume nachzuziehen. Mit der Zeit entwickelte sich ein wachsendes Intereresse bei Menschen, die sich an die Sorten ihrer Kindheit erinnerten, einen bestimmten Geschmack wiedererkannten, Freude an der Vielfalt des Obstes hatten oder etwas Besonderes für ihren Garten erwerben wollten. M. Hammerschmidt traf im Bundesland und später in der ganzen Republik Leute mit dem gleichen Interesse und wurde so auch zum Mitbegründer des Pomologenvereins im Jahr 1991.

Die Baumschule „Alte Obstsorten“
Für die alten Obstsorten gab es in den 80er Jahren bei Baumschulen oder Gärtnereien wenig Interesse. Der Gärtnermeister Meinolf Hammerschmidt machte aus seinem Hobby ein Geschäft. Als Grundlage für die Vermehrung dienten die gesammelten und auf der Hauskoppel gepflanzten Bäume. In jedem Winter wurden Reiser geschnitten und auf junge Füße gesetzt. Anfangs hatte die kleine Baumschule nur geringe Mengen der Sorten im Angebot, aber das wollten die Kunden. Massenware war unerwünscht. Von Jahr zu Jahr vergrößerte sich das Sortenangebot und damit auch die Baumschule. Meinolf Hammerschmidt hatte eine Nische entdeckt. Besuchergruppen meldeten sich an, um die Geschichten zu den alten Sorten zu erfahren und das Obst zu probieren.
1996 war die Kälberkoppel zu klein für die Sortensammlung und die Baumschule. Ein ca. 1 ha großer Ackerstück wurde gekauft und die Baumschule dorthin verlegt. Ein kleines Holzhaus diente fortan als Verkaufs- und Ausstellungsraum, denn die Kunden konnten die Äpfel und Birnen probieren, die sie als Baum kaufen wollten. Ein kleines aber feines Unternehmen hatte sich entwickelt. Samstags kamen Leute oft von weither, um Obstbäume zu kaufen.
2005 wurden die Grundlagen für das Obstmuseum Pomarium Anglicum geschaffen: Wege und Themengärten angelegt . Laubengänge und Spaliere geschaffen. Beides Obstmuseum und Baumschule Alte Obstsorten existierten neben- und miteinander auf einer Fläche. 2014 wurde die Baumschule aus Altersgründen geschlossen. Viele Baumschulen landauf landab hatten sich des Themas angenommen.



Pomarium Anglicum
Nachdem die Baumschule geschlossen wurde, gab es nur noch die Sortensammlung im Pomarium. In der Erntesaison von Ende August bis Ende Oktober haben sich viele Menschen über alte Sorten, die Kulturgeschichte der Apfels, Spaliermöglichkeiten informiert und díe Geschmacksvielfalt kennengelernt, denn „Apfel ist nicht gleich Apfel“.
Beliebt waren auch die jährlich stattfinden Apfeltage mit Sortenausstellungen, Pflanzanleitungen für Garten und Obstwiesen, Sortenverkostungen, Sortenbestimmung des mitgebrachten unbekannten Sorten und nicht zuletzt Kaffee und Kuchen. Städte und Gemeinden in Schleswig-Holstein wurden bei der Anlage von Obstwiesen beraten und mit Bäumen versorgt.
Das ehrenamtlich geführte Obstmuseum war ein beliebtes Ausflugsziel für Touristen und Einheimische geworden, bis Corona einen Strich durch die Rechnung machte. Seitdem ist das Pomarium Anglicum nicht mehr für die Öffentlichkeit zugänglich. Für interessierte Gruppen ab 15 Personen können nach Absprache Führungen angeboten werde. Die Sortensammlung ist jedoch weiterhin die Basis für Vermehrung, Verbreitung und Erhalt.